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Esaite-Berichte: Fender Jazz Bass Deluxe 5 Mexico

Da kommt ein altgedienerter Musikerkollege mit seinem Mexico Fender Jazz Bass 5 String vorbei und meint, das Stringspacing und die Saitenlage wären bei seinem Fünfsaiter nicht so besonders gut. Ein kurzer Test bestätigt das - für mich verwöhnte Socke kaum spielbar.

Bei den Fender Mex-Produkten ist das mit den engeren Seitenabständen ja nun einmal üblich. Die originale Brücke bietet einen Abstand von 17 mm zwischen den Saiten. Zusammen macht das bei fünf Saiten dann 68 mm.
Weil der Stahlstab leider mit seinen Möglichkeiten, den Hals gerader zu ziehen am Limit angelangt ist, kommen wir an dieser Stelle auch nicht in den Bereich einer zufriedenstellenden Saitenlage und bequemeren Bedienbarkeit des Basses.

Für viele ein trifftiger Grund gleich nach einem anderen Bass zu schielen. Also haben wir im Blindtest gleich mal fünf Fünfsaiter probiert. Die ungeschlagene Nummer Eins wurde an diesem Tag ein Blade B-25 Penta Bass. Der liegt im Listenpreis bei nicht ganz 1.800 Euros und ist hier und da auch schon mal für etwas über 1.000 zu haben. Aber statt sich dafür mühsam die Kohle abzuknapsen, kann der Entschluß, einfach in einen neuen Hals und eine passendere Brücke zu investieren. Von Mighty Mite sollte es der MM2920 sein.

Der war schon für 140 Euros bestellbar. Seine Breite ist mit 76 mm für die Halstasche angegeben. Der Mex-Neck kommt allerdings an dieser Stelle aber nur auf rund 72,8 mm. Das heißt mühevolle Fummelarbeit, um die Halstasche präzise zu erweitern. Vorab gab es dann aber zunächst lautes Gemeckere wegen der Leim- und Bearbeitungsspuren auf dem Griffbrett. Das tut ja nu nich Not! Mit feinster Stahlwolle ist diese Schlamperei zum Glück schnell wieder wettgemacht.

Der vorgekerbte Sattel muss noch etwas nachgearbeitet werden. An sich schon vom Werk aus ganz ordentlich, kann aber noch einen Ticken niedriger und vor allem gleichmäßiger in der Höhe werden. Als Besaitung haben sich von Ernie Ball die Regular Slinky #2836 bewährt. Der Satz geht von 45 für das G bis nach 130 fürs tiefe H. Normaler Preis meist knapp unter 30 EUR. Wer sich im Ausland umschaut, für den reichen inklusive Versand eben manchmal auch 23 EUR aus.

Kraterreiche Halstasche aus Mexico! Wieviele Haltebretter wurden da wohl für den Lackierjob hineingeschraubt? Keine Ahnung. Wen es interessiert, kann ja mal nachzählen und die 4 Löcher für die Halsschrauben wieder abziehen und das Ergebnis durch 2 teilen - egal.

So, die Erweiterung haben wir von Hand erledigt. Schon ein Brettchen passender Größe und 120er Schmirgelpapier tuen es, wenn Du es willst. Die Erle ist relativ weich und gut zu bearbeiten. Nur zu viel an einer Seite darf man nicht wegnehmen, sonst ist Essig mit dem zentralen Saitenverlauf und den gleichmäßigen Saitenabständen zum Griffbrettrand. Also, immer mal Pause einlegen und brav nachmessen.

Der Hals wird - sobald es aussichtsreich scheint - immer wieder in die Halstasche eingesetzt, um den Fortgang der Arbeit zu kontrollieren. Ein erstes vorsichtiges Einpressen zeigt, wo was zu tun ist. Für die engen Kurven wird dann doch noch der Dremel benutzt. Dreierlei wird hier entfernt: Korpusholz, Lack und etwas vom Schlagbrett. Allerdings nur minimal dort, wo die wurschtigen Finger nicht so leicht hineinkommen.

Bevor es mit der Halsmontage soweit ist, werden auf den am Body festgezwingten Hals einige Saiten aufgezogen, damit diese via Saitenzug den Hals schön auf Anschlag in seine Tasche ziehen. Das ist der Zeitpunkt die Bohrlöcher zu markieren. Zwischendurch haben wir die Tuners und den Stringtree vom Fenderhals abmontiert und dem Mighty Mite aufs Auge gedrückt. Gut, wenn man sich den Kopfplattenversatz genauer ausschaut. Dann ist nämlich die optimale Position für den Saitenniederhalter leicht festzulegen (ausreichend Druck im Sattel). In diesem Falle rutschte das Teil etwas mehr in Richtung E-Saiten-Mechanik.

Hier sieht das schon ganz gut aus: Passig in der Halstasche, Löcher für die Schraubbefestigung und Headstock bestückt. Für die gute Stimmung sorgen Gotoh-Tuners in den 17 mm Bohrungen. Die alte Brücke ist bereits abgenommen und macht Platz für eine massive Variante mit einem erwachsenen Stringspacing von rund 18,5 mm, das prima zum breiteren Hals passt.

Die Verschraubung mit den normalen Schräubchen reicht nicht aus, da die Brücke nach der Besaitung hinten einen Spalt weit hochkommt. Also nehmen wir für die tendenziell weiche Erle maximal extralange Schrauben von circa 40 mm, damit die Brücke vernünftigen Kontakt behält.
Durchaus angenehm: Die Saiten lassen sich jetzt kurzerhand von oben einhängen, statt wie zuvor sie von hinten durch "des Winkels seine Löchers" einzufädeln. Hier noch der grundsätzliche Tipp, am anderen Ende die Mechaniken immer mal checken, ob die zu lose am Headstock sitzen. Da geht sonst wertvolle Schwingungsenergie verloren. Nach einigen Jährchen vibriert sich da so einiges locker.

Hier oben sieht man gut, dass der neue Hals mit seiner Breite in der Tasche leicht übersteht. Der Maserungverlauf sieht sehr gut aus. Möglichst viele (liegende) Jahresringe verlaufen von Anfang bis Ende vollständig durch den Hals. Halsausrichtung und Brückenposition sorgen dafür, dass die äußeren Saiten einen gleichmäßigen Abstand zum Griffbrettrand erhalten. Auch laufen die Saiten nun zentriert zwischen den Polepieces der Fender Noiseless Pickups. Für die Halsverschraubung nehmen wir gerne Edelstahlschrauben mit Torxantrieb.

Damit die Intonation auch mit der Austauschbrücke gut einstellbar wird, markieren wir wie immer von der alten Brücke seitlich auf Kreppband die Auflagepunkte der Saiten auf den Reitern der beiden äußeren Saiten. Was kommt aber nach der zeitraubenden Aktion beim Spieler an?

Der neue Hals hat folgende Ausführung: Radius 9,5 Zoll, hauchdünne Satinlackierung, 20 Bünde, Profil flaches C, einwandfreier Bundjob.

Laut Katalog ungefähre Halsstärke  1. Bund21,3 mm, gemessen 21,7 mm
Laut Katalog ungefähre Halsstärke12. Bund23,6 mm, gemessen 24,1 mm.
Laut Katalog ungefähre Sattelbreite 50,4 mm, gemessen 50,7 mm
 
Alter Fenderhals  1. Bundgemessen 22,7 mm
Alter Fenderhals12. Bundgemessen 26,1 mm
Alter FenderhalsSattelbreitegemessen 48,0 mm

Der Bass ist eindeutig nicht mehr der Gleiche wie zuvor. Das Spielgefühl ist komplett ein anderes und um Längen besser. Slapping ist für Leute mit nicht nicht ganz kleinen Händen kein Problem mehr. Der Wunsch nach einem anderen Instrument ist der Freude über diesen "neuen" Bass gewichen. Auch macht sich allseits der Eindruck breit, dass die Tonqualität eindeutig gewonnen hat.

Also, dann ein großes Dankeschön an die Damen und Herren von Mighty Mite. Wenn auch die Verarbeitung teilweise nicht so toll war (Klebereste), die eigentliche Substanz bringt es in diesem Falle wirklich! Mit der aktiven Klangregelung (Volumen, Balance, Bässe, Mitten, Höhen) kann man sich nun noch mehr verschiedene Timbres heraussuchen, die durch Definition und Kraft glänzen.

 

Letzter Akt

Unten sieht man es klar: Der alte Fenderhals ist deutlich heller und bräunlicher als der neue von Mighty Mite. Zum alten rot-tortoisen Schlagbrett (Schildpatt-Imitat, rot/weiß/schwarz/weiß) passt das eigentlich optisch ganz gut. Mit dem dunkleren Fretboard überlegt man sich dann, ob nicht vielleicht ein schwarzes Pickguard in schwarz/weiß/schwarz, also dreischichtig, das Passendere sein könnte?

Ein anderes Schlagbrett kostet so zwischen 25 und 40 Euros. Wir entscheiden uns für das offizielle Fender-Replacement (Fender US Jazz Bass 5 String). Und richtig, die Hoffnung trügt nicht: Die alten Befestigungslöcher passen! So, altes und neues Pickguard kleben wir mit Kreppband bündig übereinander gelegt (Pickupöffnung und Anschlußstelle für die Kontrollplatte sind entscheidende Ausgangspunkte) zusammen.
Und da kann man es gut erkennen: Um die Halstasche herum ist das neue Teil zu eng. Anders herum wäre es deutlich schlechter und das Teil müsste zum Händler zurück. So gibt es die Chance, das wegzunehmen, was bisher noch zu viel ist.

Mit dem Dremel ist das Abschleifen gut zu bewältigen. Eine ruhige Hand und etwas Augenmaß sind völlig ausreichend. Wie gehabt, immer wieder mal probieren und zunächst das alte Pickguard als Orientierung nutzen. Letztlich ist aber der Hals an sich ausschlaggebend für die Formung, denn da soll das "schwadde Schlachbrett" sich möglichst nahtlos anschmiegen. Erst wenn man zufrieden und alles montiert ist, sollte man die Schutzfolie entfernen. Man handelt sich durch Gedankenlosigkeit oder Ungeduld sonst nur völlig unnötige Kratzer und ähnliche Spuren ein.

Wie immer beim Abziehen der Folie bleibt diese einfach zu gerne an den Schrauben (und Potis) hängen. Gut, also nochmal die Schräubchen lösen, die Fetzen entfernen und fertig ist man. Der genaue Betrachter hat es bereits entdeckt: Das neue Schlagbrett ist mit einer Aussparung für den korpusseitigen Zugang zur Halsstabverstellschraube versehen. Glücklicherweise brauchen wir das aber mit den neuen Hals nicht.
Tja, was soll ich sagen: Mir gefällt es, kann so bleiben. Vielleicht veredelt sich der eine oder andere Leser nun durch diesen Workshop inspiriert auch seinen Mex Jazz? Als Upgrade in Richtung American Standard kann man diese Aktion nur weiterempfehlen.