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Esaite-Berichte: Paul Reed Smith PRS SE EG Tremolo
Wie bereits erwähnt, fing es bei mir mit einer gebrauchten PRS SE Soapbar II an, dass ich mich für die koreanische Student Edition interessierte. Gerade rechne ich im Kopf nach, wie viele SEs aktuell durch meine Hände gegangen sind. Ein Zettel muss her. Ohne US-Modelle komme ich momentan
auf 11 Stück und kratze dazu mühsam die letzten Erinnerungsfetzen zusammen.
Weniger schwer fällt mir das Erinnern bei der aktuellen antik weißen PRS SE EG mit Tremolo. Denn meine bessere Hälfte kam trotz eines latenten Widerwillens nicht gegen die vorhandene Neugier an und sponserte dann ganz unerwartet aus besonderem Anlass sogar die Elektrogitarre.
Ansonsten höre ich aus dieser Richtung eher gelegentlich ein leises: Junge, Möööbel! Nicht Gitarren... Ach ja...
Die EG-Reihe mit der Pickup-Konfiguration SSS oder HSS (3x Singlecoil oder 2x Singlecoil plus Bridge-Humbucker) kam mit Stoptailbridge oder
Tremolo in die Läden. Derzeit läuft keine Produktion, so dass ab und an überwiegend nur der Gebrauchtmarkt etwas abwirft.
Einzelne Restposten stehen aber noch bei einigen Händlern.
Ich stelle zu dieser PRS SE EG einige der Eckdaten kurz zusammen:
Das Gewicht erfreut alle Rückenkranken mit mageren 3 Kilos
Der Mahagoni-Korpus erreicht eine Stärke von rund 43,5 mm
Die Spulen-Widerstände in KOhm liegen bei Bridge 5,66, Middle 5,74, Neck 5,69
Halsbreite am Sattel 43,3 mm
Halsbreite am 12. Bund 53,1 mm
Vintage-Tremolo mit Stahlblock
Mahagonihals mit Palisandergriffbrett
Für den Vergleich hier die Werte einer Fender Classic Player Stratocaster 60:
Das Gewicht liegt mit 3,66 Kilos schon mehr als 20% über dem der PRS SE EG
Der Erlen-Korpus weist ein Stärke von 45,8 mm auf.
Als Pickup-Widerstände messe ich in KOhm Bridge 5,63, Middle 5,59, Neck 5,63
Halsbreite am Sattel 42,6
Halsbreite am 12. Bund 51,2
Two-Point-Trem mit Zinkguss-Block
Ahornhals mit Palisandergriffbrett
Mit der Zusage auf Kostenübernahme für die eventuelle Anschaffung bin ich dann nach einigen Recherchen an einem Samstagnachmittag losgeeiert, das Angebotene anzuschauen und gegebenenfalls in die Hände zu nehmen. Es ist doch immer wieder spannend, was für interessante Leute man beim Instrumentenkauf kennen lernen kann. Zumal diese Begegnung knapp 1,5 Stunden in Anspruch nahm. Aber zurück zur Klampfe.
Der Zustand ist gepflegt und insgesamt wirklich in Ordnung. Der Sattel war aber bereits gegen einen vermutlich Besseren von Graphtech getauscht.
Da noch ein weiterer Austauschsattel vorhanden war, konnte man das einfache ausgebaute originale Teil mit dem vermutlich besseren Ersatz vergleichen (weiches Plastik gegen Graphitkomposit).
Ich hatte mir angesichts des Preises vorgenommen die Gitarre zu nehmen, wenn die stratmäßigen Zwischenpositionen schön quäcken, will sagen, hohl und funky klingen. Wegen des Mahagoniholzes war ich etwas negativ voreingenommen, aber zugleich gespannt. Auf Youtube fand ich bei meiner Voruntersuchung zwecks realistischer Einschätzung auf die Schnelle nur lausige Darbietungen, aus denen man sich kaum etwas hochrechnen konnte. Diesmal kein freundlicher Gregor Hilden. Optimistisch stimmten mich dann aber ein gut gemachter deutschsprachiger Review und später gefundene Videos im Netz.
Die Frage, die im Raum stand war, kann man das Stratocaster-Konzept einfach so auf eine PRS SE übertragen?
Zeitsprung. Ich staunte nicht schlecht, als mein Bruder die leicht geshapedte SE EG probierte und sofort maulte, dass sie nicht richtig stimmen würde, was ich zunächst auf das Tremolo schob. Fakt war allerdings, die Intonation war noch nicht eingestellt. Alle Saitenreiter mussten für den noch frischen 9er-Satz gute 3 mm nach hinten verstellt werden. Bei der dicken E-Saite wurde das schon schwierig, da die Feder auf der Justierschraube erst gekürzt werden musste, um ausreichend Platz zu schaffen. Wie soll das nur mit dickeren Saiten werden (10-46, 11-50)?
Mit einer gewissen Vorfreude hatte ich ja im Vorwege in einer Schublade noch einen Satz Hipshot Locking Tuners entdeckt, die jetzt ja wegen des Tremolos auf ihren Einsatz hoffen konnten. Ist klar! Nicht die Mechaniken hoffen auf Ihren Einsatz – ich persönlich dann wohl schon eher. Die Dinger waren ratzfatz montiert und man kann auf den Bildern die Unterschiede zu den normalen Wirbeln erkennen, weil Seite für Seite einer nach dem anderen getauscht wurde.
Zurück zur Entscheidung. Ich saß also im geschmackvoll ausgestatteten Wohnzimmer des potentiellen Verkäufers und freute mich, dass er mich unter anderem seine PRS SE 245 probieren ließ (Sonderserie, nur 10 Stück in England). Die Dickmarie beeindruckt zunächst durch pure Massigkeit und ein flottes wolkiges Deckenfunier, ließ mich aber letztlich glücklicherweise entgegen meiner Erwartung recht kalt.
Hingegen die SE EG schmetterte ein frohes Johnny Hiland Lick aus dem Verstärker und die Saiten ließen sich gut knallen, um den konstruktions-bedingten grundlegenden Klangcharakter hervor zu kitzeln. So war das. Auch wenn wie oft noch Tender, Love und Care vonnöten sind, war ich mit dem,
was ich hier vorfand sehr einverstanden. Das gute Stück wechselte also ohne irgendwelche Nörgelein bezüglich von Preis und Leistung den Besitzer und muss es hin fort mit mir aushalten bzw. umgekehrt. Denn ich bin nun einmal derjenige, der mit dem Rumgefrickel aus heiterem Himmel anfängt und die Dinge auch gern mal auf den Kopf stellt.
Gutes Stichwort. Entgegen einer trägen Stimmung meinerseits hole ich mir die Fender Classic Player 60 Strat und stöpsele die beiden Gitarren immer wieder im Wechsel in einen kleinen Röhren-Verstärker.
Ich bin ziemlich platt, aber will mir nicht die Laune verhageln lassen, denn die SE EG hat einen dermaßen hohen Output, dass sich die Strat schämen sollte? Stelle ich mir die SE EG am Verstärker gut ein und tausche sie dann gegen die Strat, wird es fast schon jämmerlich dünn.
Die SE EG hat heute hier ihr coming out als Super-Strat. Jetzt aber mal langsam, Meister. Solch eine Szenerie hatten wohl die Entwickler
im Schädel, als sie die SE EG entwarfen.
Etwas überraschend wirkt das schon noch wenn die Spulen-Widerstände von PRS und Fender so nah bei einander sind. Gut, einige Tricks gibt es da
dann doch beim Pickup-Frisieren, aber vordergründig wundert sich der Normalverbraucher, sprich gut gebildete Halblaien. Meine Sorge ist in vergleichbaren Fällen, man hat es bei den PUs mit aufgeblasenen Pustebacken zu tun, die einfach nur groß und laut tun, aber konturlos wie auch undynamisch wirken (70er Gibson Humbucker). Nicht so in diesem Fall.
Die Aggregate hauen gut was raus, bleiben trotzdem direkt, durchsichtig sowie eindeutig authentisch historisch orientiert. Was schadet es,
wenn ich für Strat und Tele das Volumen am Amp weiter aufdrehe und es dann wie gewohnt prima klingt? Die Erle der Strat ist prinzipiell vom Mahagoni der SE EG nicht so weit entfernt. Für meine Ohren klingen die Höhen der Strat sowohl feiner als auch zart silbriger. Das mag dem Ahorn des Halses und den Fender Pickups geschuldet sein. Eine Esche-Tele wirkt da wie aus einer anderen Welt: Schwerer und knallig bildet sie einen deutlichen Kontrast zur SE EG, obwohl wir uns hier eigentlich in Leo F’s Universum bewegen.
Mich hat die PRS SE EG vorerst überzeugt. Sie ist sicher nicht nur optisch anders als die Fendervorbilder. Handling und Sound wissen aber auf jeden Fall ausgesprochen gut zu gefallen. Das Tremolo ist mit den vier Federn immer noch recht leichtgängig. Die Saiten scheinen teilweise etwas im neuen Sattel zu klemmen und sind mir ja ohnehin zu dünn. Der Tone-Regler greift übrigens erst ab etwa „4“ in das Klanggeschehen ein.
Beim Pickup-Wahlschalter könnte die Anwahl der fünf Positionen durchaus etwas flutschiger sein.
Einige Kleinigkeiten sind da also noch zu regeln, aber ich freue mich schon auf den nächsten Probetermin für den so genannten Praxistest,
weil ja auf dem Sofa einiges anderes ausschaut. Für wen ist denn die SE EG eine sinnvolle Geschichte?
Tja, mit Sicherheit für Leute ab Anfang 30 mit ersten ernsthaften Rückenproblemen. Dann für PRS-Fans, die auch eine Leidenschaft für Singlecoil-Sounds haben und natürlich die Vielen, die peinlich auf das Budget achten und nichtsdestotrotz gefälligst ihren Spaß haben wollen und sollen.
Mit einem Bogner Alchemist plus Marshall Slave konnte ich mir gestern ein besseren Eindruck vom Klang verschaffen. Die PRS SE EG
ist nicht ganz so gläsern im Cleanbetrieb wie die Stratocaster. Allerdings dabei trotzdem wirklich sehr brauchbar. Noch besser wird es
im Distortionbereich. Hier hat sie auf jeden Fall noch mehr als die Strat zu bieten. HiGain funktiniert ganz ausgezeichnet. Wer rocken will,
muss es nicht unbedingt mit Humbuckern versuchen. Sie bringt gut kontrollierbares Feedback - die Pickups pfeifen von allein kein Stück.
Es handelt sich bei diesem Teil wohl um ein unschätztes Instrument. Zum Antesten dringend empfohlen, würde ich sagen.